Marc Leuenberger (38) ist seit acht Jahren Personaltrainer von Fabio Scherer. Der gebürtige Aargauer kennt seinen Schützling wie kaum einen anderen. Und trotzdem ist es immer wieder eine neue Herausforderung, den Profi-Rennfahrer aus Engelberg fit zu machen. Vor allem 2021. Denn seit diesem Jahr fährt Scherer in der FIA Langstrecken-WM für das Team United Autosports. Dort dauern die Rennen (mit Fahrerwechsel) in der Regel zwischen sechs und acht Stunden. Und nicht wie bisher knapp 60 Minuten. Im Hinblick auf das Saisonhighlight, die 24 Stunden von Le Mans (21./22. August) wurden die bereits auf Anfang Saison geänderten Trainingsmethoden noch einmal angepasst.
«Mehr Ausdauer statt Kraft» lautet das Motto von Leuenberger. Deshalb hat Scherer seit einigen Wochen das Ausdauer-Programm intensiviert. «Es gibt mehr Einheiten – und diese sind länger», erklärt Leuenberger. «Doch die Betonung liegt auf öfter, nicht intensiver. Fabio ist mehr mit dem Fahrrad unterwegs. Und auch seine Jogging-Einheiten dauern länger. Aber er muss so trainieren, dass er in dem vorgegebenen Pulsbereich bleibt. Regelmässige Kontrollen zeigen mir, ob er die Vorgaben einhält.»
Doch intensivere Ausdauer-Einheiten sind nur ein Aspekt, den Leuenberger in Hinblick auf die 24 Stunden von Le Mans forciert. Life Kinetik ist das Zauberwort für ein anderes Kriterium, dem Leuenberger sehr viel Aufmerksamkeit widmet. Dabei geht es dem Fitness-Profi um die Bildung neuer Synapsen. «Mit diesem Training steigern wir die Konzentrationsfähigkeit», erklärt Leuenberger. «Reaktion, Blickfelderweiterung und das Verbessern der Entscheidungsfähigkeit stehen bei diesem Training im Vordergrund. Fabio muss im Rennwagen oft Entscheidungen in Millisekunden fällen. Solche Szenarien versuchen wir im Training zu simulieren.»
Im Hinblick auf Le Mans, wo auch in der Nacht gefahren wird, ist dieses Training besonders wichtig. Leuenberger legt für seinen Schützling deshalb noch eine Schippe drauf. «Wir machen diese Trainings auch unter Vorbelastung. Das heisst: Ich jage seinen Puls hoch und verlange dann von ihm dieselben Konzentrationsfähigkeiten wie im Ruhemodus. Diese Methode soll Situationen simulieren, wie sie Fabio in Le Mans nach zwei oder drei Stints erleben kann. Also dann, wenn der Körper bereits mehrfach belastet wurde.»
Um dem Ganzen noch die Krone aufzusetzen, macht Leuenberger mit Scherer auch «Nachtübungen». Im Klartext heisst das: Scherer wird aus dem Schlaf geholt und muss nach einer kurzen Aufwärmphase Höchstleistungen wie tagsüber erbringen. Um ihn dabei an seine Grenzen zu pushen, lässt ihn Leuenberger vor dem Schlafen gehen zahlreiche Runden im Go-Kart abspulen.
Doch bei einem 24-Stunden-Rennen geht es nicht nur darum, Körper und Geist rasch auf Betriebstemperatur zu kriegen. Auch der umgekehrte Vorgang soll geübt sein. «Fabio braucht nach einem Stint Ruhe. Das heisst, er muss lernen, runterzufahren», sagt Leuenberger. «Ich habe ihm dafür eine Meditations-Anleitung gemacht. Dass er mir nachts in einen Tiefschlaf fällt, ist nicht zwingend nötig. Aber Körper und Geist brauchen Entspannung, um danach wieder voll leistungsfähig zu sein.»
Auch bei der Ernährung ist Leuenberger gefragt. «Wichtig ist, dass Fabios Kohlenhydratspeicher bereits drei bis vier Tage vor dem Rennen in Le Mans gefüllt werden», erklärt Leuenberger. «Während des Wettkampfs greifen wir sicher auch auf die Erfahrung seines Teams United Autosports zurück. Wichtig ist, dass der Flüssigkeitshaushalt stimmt.»
Wie es sich nach dem Rennen verhält, wird sich zeigen. «Der Montag danach ist sicher von Müdigkeit und Erschöpfung geprägt. Vermutlich auch bei mir», grinst Leuenberger. Übrigens: Wer wie Profi-Rennfahrer Fabio Scherer auch von den Trainings-Qualitäten Leuenbergers profitieren will, kann dies selber ausprobieren. Unter www.marcleuenberger.ch finden Sie alle nötigen Infos.